Fahrzeuge der Wiener Straßenbahn

 I. Vorbemerkung

 Hier wird es autobiographisch. Ich erzähle die Geschichte des Erwerbs der Fahrzeuge vor dreißig, etwas mehr und etwas weniger Jahren aus meiner Sicht.

 

II. Am Anfang stehen die Gedanken

Wie es in den meisten Fall aussah und ausging…

Manch ein Straßenbahnfreund (-innen kenne ich keine!) hat schon mal den Wunsch gehabt, zumindestens eines der geliebten Fahrzeuge für sich zu erwerben.
Dabei steht zumeist der RETTUNGS-Gedanke im Vordergrund, denn es geht in so gut wie allen Fällen um vor der Ausscheidung und damit der Verschrottung stehende Wagen.

Tritt solch ein Fan derartigen Gedanken auch nur irgendwie konkret näher, stehen mehrere Probleme schlagartig wie eine Wand vor dem armen „Denker“:

 + Die KOSTEN des ERWERBES: sind kein wirkliches Problem verglichen mit den anderen
 + Die UNTERBRINGUNG für die Zukunft: unser fiktiver Naivling stellt sich vor, man könnte mit   den Wiener Verkehrsbetrieben irgendein ihm vernünftig erscheinendes Arrangement finden, der beräderte Liebling also auf dem Wiener Netz verbleiben.
Jetzt wird  es wirklich ernst: mag es da in Urzeiten (60er-Jahre) vielleicht noch Minichancen gegeben haben, und auch da schon kaum bis gar nicht, so war allerspätestens ab den 80er-Jahren daran nicht einmal mehr zu denken. Von der Spitze der WVB abwärts bis zum damaligen Museumsleiter wurde alles unternommen, um derartige Ambitionen Privater schon im Keim zu ersticken. Und sie WURDEN im Keim erstickt. In den frühen 90ern von einem Mitglied unseres Vereins zwischenzeitlich in Remisen abgestellte privat von ihm erworbene illegale Waggons, im Fachjargon „U-Boote“ genannt, wurden nach kurzer Zeit von WVB-Zerstörern aufgespürt und mit Wasserbomben belegt, wie es im Marinejargon heißen würde.
Soll heißen: nach und nach mussten sie alle vom Netz gebracht werden.
   

 

+ Damit ist klar: das fiktiv erworbene Fahrzeug müsste ABTRANSPORTIERT werden. Verursacht so  ein Transport schon mal enorme Kosten, so ist das doch noch das weit geringere Problem.
+ Die dauerhaft gesicherte UNTERBRINGUNG unter Dach weitab des WVB-Netzes, geschützt vor Witterung und Vandalismus. Und das ist jetzt der definitive Niederschlag, der unseren fiktiven Enthusiasten endgültig ausknockt.     

 

So, das war’s dann mit den allermeisten derartigen Ambitionen.

 III. Die Geschichte des Erwerbes der Fahrzeugsammlung

 III.1. Die zeitliche Abfolge des Sammlungsbeginns 

1983: Ein erster erfolgloser Versuch

Um diese Zeit war ich noch Student mit einem Taschengeld von  umgerechnet 109 Euro/Monat. Damals wurde ein MH (ex Fahrzeugtype M) nach dem anderen auf das Schrottgleis hinter der Zentralwerkstätte Simmering geschoben. Mein damaliger Liebling stand auf dem Freigelände im Bahnhof Favoriten und war dementsprechend schon witterungsgeschädigt. Ich wollte jedenfalls diesen 6321 (Ex M 4094) unbedingt vor der Verschrottung bewahren. Aber keine Chance: selbst eine Intervention von sehr, sehr hoher Stelle, die ich organisieren konnte, brachte keinerlei Erfolg. Erwerb ja, aber dann umgehend weg vom Netz und aus! Und so gibt es den armen MH 6321 heute leider nicht mehr!



Bild oben: Bahnhof Favoriten, 21. Oktober 1980. Der leider nicht gerettete MH 6321.
Fahrzeuge, die auf den Bahnhofsarealen Favoriten und Simmering im Freien abgestellt waren, zeigten,
wie im Text schon gesagt, sehr schnell erhebliche Witterungsschäden.
Foto: Michael Heussler

 

1986: Noch kein Erfolg, aber es gibt schon Licht am Ende des Tunnels

Im Sommer des Jahres gab es einen bebilderten Artikel in der Zeitung „Schienenverkehr aktuell“, der die noch in Wien abgestellten Wagen eines nicht mehr in Erscheinung tretenden ehemals „legalen“ Straßenbahnfreundevereines zum Inhalt hatte. Der Autor wies darauf hin, dass diese Fahrzeuge akut von der Zwangsverschrottung bedroht seien. Einer der Wagen war der K-Triebwagen 2426 (siehe auch: „Der Verein“). Also habe ich mich ans Telefon geklemmt und den damaligen Leiter des Wiener Straßenbahnmuseums angerufen. Antwort: Man kenne diese Wagen und die WVB würden schon entsprechend handeln. An Privaten, die sich da einmischen, bestünde keinerlei Bedarf. Also wieder nichts. Aber von nun an begann mich der Gedanke der Fahrzeugrettung nicht mehr loszulassen.

Von 1987 an: Nun geht es ans HANDELN

Über Verbindungen erfuhr ich, dass der letzte alte Schienenschleifwagen 6051 auf den Schrottplatz der damaligen Verwertungsfirma Eltschka am Franzosengraben gebracht werden würde. Nachdem abgeklärt worden war, dass das Fahrzeug einige Zeit dort stehen bleiben dürfe, habe ich diesen Wagen dem Schrotthändler teuer abgekauft. Nachdem ich den Besitzer des K 2426 ausfindig gemacht hatte, kaufte ich auch diesen noch am WVB-Netz befindlichen Wagen unter Aufnahme eines Kredites bei der längst dahin geschiedenen Zentralsparkassa („Z“). Der arme 2426 hatte aber KEINE Erlaubnis, am Netz zu verbleiben, was mir kurze Zeit später ein Brief der durch die Meldung des Verkaufes aufgescheuchten WVB-Chefetage deutlich klar gemacht hat – „…müssen wir auf der Entfernung des Fahrzeuges binnen sechs Wochen bestehen…“.

  Durch den Kontakt mit Mödling konnten die Unterbringungsprobleme – bedingt – gelöst werden. Der 2426 und später noch ein zweiter K durfte zwar in die damals noch fremdgenutzte spätere Museumshalle hineingepresst werden, aber einige der mittlerweile von Freunden und mir erworbenen zusätzlichen Fahrzeuge durften zunächst nur auf ein Freigelände in Guntramsdorf, was binnen kurzem erhebliche Vandalismusschäden mit sich brachte. Durch Vermittlung von Prof. Heinz Fink konnte der mittlerweile auch erworbene L1 2625 in der Maschinenhalle der MA49 in Groß Enzersdorf bei Wien zwischengelagert werden.

  

Bild oben: So sah der 2426 bei der Übernahme aus
           Foto : Horst Christian     

Die „geretteten“ Waggons auf dem Areal der späteren Müllumladestation Mödling. Bei genauerer Betrachtung sieht man, dass die Vandalen ihr Werk schon begonnen haben.
Foto: Leitzmüller

 Von nun an wurden – vor allem von einem fanatischen Vereinskollegen! – etliche von der Verschrottung bedrohte Fahrzeuge beschafft.

 

III.2. Von wem konnten Ende der 80er-Jahre noch interessante Altfahrzeuge bezogen werden?

 + von den Wiener Verkehrsbetrieben direkt, aber leider nur mehr Arbeitswagen
+ vom Schrotthändler Eltschka am Franzosengraben

 
+ von aktiven Vereinen oder von einzelnen Mitgliedern nicht mehr aktiver Vereine
 + von den Besitzern der Altwagen, die auf Spielplätzen Spitalsarealen etc. aufgestellt waren

          

 K 2307 (falsch nummeriert als 2402) in Litschau: links bald nach der Lieferung (Foto: Gerhard Winkler) und rechts vor der Übernahme durch uns etwa 14 Jahre später.

 

So gut wie alle der in Rede stehenden Wagen waren zum Zeitpunkt ihres Erwerbes akut bedroht. Sei es durch den drohenden Verlust des Aufstellungsortes, sei es allein schon durch den schrecklichen Zustand, in dem sich gerade die Wagen befanden, die Jahre der Freiabstellung hinter sich hatten.

 Und dementsprechend haben wir Enthusiasten der ersten Stunde ab 1987 auch punkto Wagenerwerb zugeschlagen:

 IV. Die Fahrzeugsammlung in der Übersicht:

 

Personentriebwagen:

HR 6154 (ex H1 2237): wurde schwer witterungsgeschädigt vom Grazer Tramwaymuseum übernommen
KH 6365 (ex H
2 2276): wurde einem Privatmann abgekauft und aus dem Safaripark Gänserndorf
in leidlichem Zustand geborgen
KH 6377 (ex K 2307): siehe oben. Wurde von einem Schulareal in Litschau schwerst beschädigt
und grob inkomplett geborgen
KH 6378 (ex K 2311): siehe unten. Wurde von einem Spielplatz in Hirtenberg schwer beschädigt,
aber weitgehend komplett übernommen
K 2426: siehe oben: wurde in geringerem Ausmaß beschädigt von einer Privatperson gekauft
L
1 2625: wurde in vergleichsweise GUTEM Zustand von einer Privatperson gekauft

Von einer Privatperson aus unserem Verein erworbene NICHT direkt museumsrelevante Fahrzeuge:

M 4113, MH 6308 (ex M 4142), letzterer als Tauschobjekt für den sz3 7222 (ex k3 1622) aus dem Motorradmuseum Eggenburg (siehe unten)
L 510, 524, 569, letzerer aus Tauschobjekt für den in Pöggstall aufgestellten m
3 5325 

 Personenbeiwagen:

sz1 7166 (ex d2 5085): vom Grazer Tramwaymuseum erworben
sz
3 7204 (ex k3 1604): von den Verkehrsbetrieben erworben

sz3 7213 (ex k3 1613): vom Amsterdamer Museumsverein erworben
sz
3 7222 (ex k3 1622): vom Motorradmuseum Eggenburg erworben (siehe oben),

Diese vier Wagen hatten als Salzwagen überlebt. Der Zustand war entsprechend: Salz, Rost und Dreck auf nahezu jedem cm2!

 Von einer Privatperson aus unserem Verein erworbene NICHT museumsrelevante Fahrzeuge:

l 1711, 1758, l3 1896

m3 5325: aus Pöggstall erworben (siehe oben)

  

Bild oben: Der unter Verlust seiner Inneneinrichtung zum Salzwagen umgebaute ehemalige Personenbeiwagen sz3 7204 im Wintereinsatz  1986/87.
Im Sommer 1987 haben wir den Wagen übernommen.

 

Arbeitstriebwagen:

SP 6010, 6014, 6045
SS 6051
KO 6131 und 6132
GP 6418

Bild: Sommer 1987, Schrottplatz der Firma Eltschka.
Stolz stehe ich auf einem meiner neuen Schätze, dem Schienenschleifwagen 6051.
Foto: DI Clifford Obermaier

Arbeitsbeiwagen:

gm 7064, 7066, 7069
kt: 7132
ko
1: 7504
ko
3: 7517
st: 7119 und 7120
kl: 7531, 7532, 7533

Bild oben: ko1 7504 mit den beiden st beladen steht - nach dem Erwerb durch uns -  sicher unter Dach abgestellt.

 

Wir haben also nicht gekleckert sondern geklotzt, was den Fahrzeugerwerb betrifft. Etliche Fahrzeuge haben wir dann – immer kostenlos! - an neue Eigentümer abgegeben, die sie zwischenzeitlich ihrerseits schon vielfach restauriert haben.

 

V. Fahrzeugtransporte

 

Zu Beginn haben wir diverse Firmen mit den Transporten beauftragt, u.a. die ÖBB, die Firma Prangl, die Firma TOMAN und die Firma Schwerlast. Vor allem haben wir aber in den ersten Jahren auf den Straßenroller der Mariazeller Museumstramway zurückgreifen dürfen. Herzlichen Dank an Alfred Fleissner senior noch dreißig und mehr Jahre danach!

Anfang der 90er-Jahre machten wir dann Nägel mit Köpfen. Wir kauften den Mariazellern den Roller ab und erwarben eine ausgeschiedene SAURER-Zugmaschine des KWD-Liesing, Baujahr 1958. Beide Fahrzeuge wurden nach einer gründlichen Überarbeitung samt Überprüfung angemeldet und leisteten uns gute Dienste. In Hinkunft konnten wir unsere Transporte also in Eigenregie durchführen.  


Bild oben: Herbst 2001. Eben hat unser Gespann den H1 2237 aus der Zentralwerkstätte heimgeholt.
Die Abladung steht bevor.

   

VI. Fahrzeugrestaurierungen

Da ist man nun auf einmal Fahrzeugbesitzer. Genau genommen: mehr oder weniger „Wrackbesitzer“. Die vierrädrigen Lieblinge sind teilweise inkomplett und weisen außerdem erhebliche Witterungsschäden auf.  Nun hatten wir zwar einige ganz passable Heimwerker in unseren Reihen, für die nunmehr notwendigen Arbeiten würden aber Profis notwendig sein, das war klar.

 

Die Basisanforderungen für den Restaurierungsbeginn in der Halle waren nun:

 

+ Im Gebäude musste eine Werkstatt mit den nötigen Werkzeugen eingerichtet werden
+ Die notwendigen Ersatzteile mussten beschafft werden: was das eigene Ersatzteillager nicht hergab, musste angekauft, im Extremfall sogar neu angefertigt werden
+ Die technischen Unterlagen mussten beschafft werden: Wagenzeichnungen, Regelblätter, etc. – siehe: „Archiv“
+ Es mussten wirkliche Profis gefunden und für unsere Arbeiten gewonnen werden

Damit könnten dann alle Arbeiten durchgeführt werden, die in unserer Halle möglich waren. Das waren nahezu sämtliche Sanierungsarbeiten an den Wagenkästen (+ Dächer und Innenräume).
Das Glück war uns hold: Mit Herrn Eduard Dvorak, Herren Eduard Adamek (später auch sein Sohn Eduard jun.) und Robert Koll fanden wir erstklassige Experten, die allesamt über Werkstatterfahrungen bei der Wiener Straßenbahn verfügten. Dvorak und Adamek erledigten in bewundernswerter Weise sämtliche Holzarbeiten, Adamek junior und Koll in gleicher Weise die Schlosserarbeiten.

 
Die Arbeiten wurden unter genauer Beachtung der Wagenzeichnungen  und der Materialtreue (Vorgabe der einzelnen Holzsorten, etc.) durchgeführt, wobei kleinste Details Beachtung fanden. Herr Koll fertigte so z.B. die am H
1 nicht mehr vorhandenen Dachaufstiege gemäß der vorhandenen Zeichnung neu an.

 

Bild: Arbeit in unserer Halle: Herr Dvorak (links) und Herr Adamek bei der Neuverblechung unseres 2237.
Die Neuherstellung einer seitlichen Rundwand erfordert erhebliches Können.
 

Die weitergehenden Anforderungen zur Fertigstellung:

Unser ehrgeiziges Ziel, aus den Wracks VOLLKOMMEN sanierte und damit FAHRBEREITE Fahrzeuge zu schaffen, konnte in unserer Halle natürlich nicht zur Gänze erreicht werden. Hier gelang uns ein großer Durchbruch. SR DI Josef Michlmayr (damals Gruppenleiter der Zentralwerkstätte in Simmering) gestattete es uns, die in der Halle teilsanierten Wagen zur Endfertigung in die damalige Zentralwerkstätte (heute Hauptwerkstätte) zu bringen.

Dort wurden dann die Fertigstellungsarbeiten in Lohnarbeit durchgeführt:

o Ausbinden der Triebsätze und vollkommene Sanierung derselben, teilweise sogar mit Motortausch
o komplette Untergestellrevision
o Verkabelungsarbeiten – teilweise Neuverkabelung
o Fertigstellungsarbeiten, technische Abnahme im Zuge von (Brems-)Probefahrten



Bild oben: In der Zentralwerkstätte: bei 6132 sind die USL323-Triebsätze bereits ausgebunden.
So kann das Untergestell optimal revidiert werden.

Auf diese Weise wurden zwischen 1990 und 2005 folgende Wagen komplett restauriert:

x H1 2237
x K 2311
x K 2426
x SP 6045
x SS 6051
x KO 6132

x k
3 neu 1613
x k
3 neu 1622

Die Fahrzeuge wurden uns (mit Ausnahme des k3 1622, der aus organisatorischen Gründen in unserer Halle fertiggestellt werden musste)
mit entsprechenden „Wü“-Pickerln sowie Messkarten nach durchgeführter Abnahmefahrt überprüft übergeben.


Bild unten: Diese W240-Triebsätze gehören zu unserem SP 6045

 Teilrestauriert (gemäß Erfordernis) wurde L1 2625.

 Was geschah mit den von uns NICHT (im Fall des L1 2625) vollständig restaurierten Wagen?

 KH 6365 (ex H2 2276): kam 2008 nach Braila (Rumänien) und wurde dort restauriert. Er dient dem dortigen Verkehrsbetrieb heute als Nostalgiewagen.
 KH 6377 (ex K 2307): siehe oben. Wurde Anfang der 2000er-Jahre von der Mariazeller Museumstramway übernommen und wunderbar in Zustand von 1927 rückversetzt.
 L1 2625: kam 2005 nach Wehmingen (bei Hannover) zum Hannover’schen Strassenbahnmuseum (HSM). Wurde dort mittlerweile aufgearbeitet und ist häufig fahrend im Einsatz.
 sz3 7204 (ex k3 1604): kam 2006 zum HSM, wurde dort bereits teilrestauriert
 m3 5325: kam 2006 zum HSM, ist mittlerweile bereits restauriert und wird im Fahrbetrieb eingesetzt
 SP 6010: kam über die Vermittlung der Mariazeller Museumstramway nach Osteuropa
 SP 6014: befindet sich heute im Rekonstruktionszentrum Traiskirchen des WTM
 KO 6131: kam 2006 zum HSM
 GP 6418: befindet sich heute im Rekonstruktionszentrum Traiskirchen des WTM
 gm 7064: ist heute bei der Amsterdamer Museumstramway (gemeinsam mit 6011 und 7053) und wurde dort hervorragend aufgearbeitet
 gm 7066: kam nach Frankreich (Generatorwagen für M 4098): Verbleib: ?
 gm 7069: wurde von Ing. Rietsch übernommen: Verbleib: ?
 kt 7132: heute Museumstramway Mariazell
 ko1 7504: kam 2006 zum HSM
 ko3 7517: Verbleib: ?
 st: 7119 und 7120: kamen 2006 zum HSM
 kl: 7531, 7532, 7533 – heute alle Museumstramway Mariazell

Als ein Beispiel für eine gelungene Sanierung behandeln wir hier den

K 2311

 Eine Kurzvorstellung des Fahrzeuges:
Baufirma: Waggonfabrik Stauding
Kollaudierung: 04. 01. 1913
Motoren: D78w, 05. 1927: D 612, 02. 1929: BBF 75
Fahrschalter: B 54v, 07. 1928: FBv
RF (Rechtsfahr-)Umbau: Waggonfabr
i Simmering: 07. 1928
Neukasten ohne Elindosen und Schienenbremsen: Hauptwerkstätte Rudolfsheim: 04. 1953
Elindosen- und Schienenbremseneinbau: Gräf&Stift: 08. 1958
Umzeichnung in KH 6378: 31. 03. 1972
Skartierung: 11. 02. 1974, danach Verkauf nach Hirtenberg, um auf einem Spielplatz als Spielgerät aufgestellt zu werden.

 

Zu Beginn gleich einmal ein Foto aus der Betriebszeit des Wagens. 1. November 1961,
Zentralfriedhof. der 2311 ist als verlängerter 46er unterwegs.
Foto: Alfred Rosenkranz
 

Bedeutung für die Sammlung des Mödlinger Stadtverkehrsmuseums: 2311 war als einer der Stammwagen des Bahnhofes Breitensee in den 50er-Jahren oftmals Sonn- und Feiertagsaushelfer auf Linie 360. Als K-Wagen in Neukastenversion ist er ein wichtiges Fahrzeug in unserer Sammlung.

 

Wir schreiben Anfang Jänner 1988: Der Verein „MStM“ ist ein halbes Jahr alt. Es ist die Zeit, in der wir alle paar Wochen voller Elan irgendein neues Fahrzeug erwerben. Und nun Hirtenberg: dort soll sich seit vielen Jahren auf einem Spielplatz der K- Triebwagen 2311 (noch nummeriert als Hilfswagen KH 6378) befinden. In den 70er-Jahren (teilweise auch noch in den 80ern) war es Mode, ausgediente Straßenbahnwagen auf Spielplätze zu stellen, um sie dort in der Regel mehr oder minder verrotten zu lassen. Gesagt, getan - hinein ins Auto und wirklich, kurz nach der Ortseinfahrt ist rechter Hand ein Kinderspielplatz, der übrigens heute längst verbaut ist. Zwischen diversen Spielgeräten steht tatsächlich das neue Objekt unserer Begierde. Ein erster Blick: Gott sei Dank ist das Fahrzeug ziemlich komplett, Motoren, Schienenbremsen und sämtliche Dachaufbauten sind noch vorhanden (das ist für Spielplatzwagen keineswegs selbstverständlich!). „Komplett“ ist für solch einen Waggon natürlich ein relativer Begriff, denn natgürlich fehlen ungezählte kleinere Teile. Vieles ist zu sehen, was uns jedoch, „grün“ wie wir sind, nicht auffällt: eine rissige, teilweise in Fetzen herunterhängende Segeltuchdachhaut, viele Faulstellen am Holz, besonders im Dach- und Vorbaukranzbereich der Plattformen und ein verdächtig gebuckeltes, sichtlich feuchtes Innendach. Als mich ein Vereinskollege fragt, wieviel man in das Fahrzeug wohl werde investieren müssen, bis es wieder wie neu sei, sage ich, meiner eigenen Wichtigkeit und Erfahrung wohl bewußt: „Na ja, mit fünfzigtausend Schilling müssen wir schon rechnen!“ Wenn ich heute - 33 Jahre später und gezeichnet von 18 Jahren Sanierungserfahrung – an diese tiefschürfende Kostenanalyse von 1988 denke, muß ich über meine grenzenlose Naivität von damals lachen!

Nach einigen Querelen mit der Gemeinde Hirtenberg gelingt uns der Erwerb. Ende Mai 1988 können wir den „Neuling“ in unsere Halle in die Tamussinostraße bringen. Dort haust noch der Wirtschaftshof, sodass wir 6378 zwischen den noch unrestaurierten
K 2426, unsere Ersatzteile und das Gerümpel des Wirtschaftshofes regelrecht hineinzwängen müssen.



1986: Winteraufnahme des Wagens auf dem Spielplatz in Hirtenberg
 
Foto: Horst Christian

Dass das „Hineinzwängen“ wörtlich zu nehmen war, zeigt dieses Bild aus dem Sommer 1988 anschaulich. Erst im nächsten Jahr sollte der Wirtschaftshof samt seinem Gerümpel die Halle räumen.





Fot
o: Ing. Eugen Chasteler.
Noch keine Rede ist von irgendwelchen Sanierungsleistungen, wir machen uns lediglich daran, den  frisch erworbenen Schatz einmal einer näheren Inspektion zu unterziehen. Für die Entfernung erheblicher Teile der Dach- und Vorbaukränze brauchen wir keinerlei Spezialwerkzeug, da genügen Kaffeelöffel (siehe Bild rechts).



Bild: Der Dachkranz einer Plattform vor Beginn der Sanierung.

Der Innenraum stellt sich bei näherer Untersuchung als ziemlich verrottet heraus, eine Sitzbank wurde regelrecht aus der Verankerung gerissen. Alles in allem – ein Wrack. Noch Jahre später sollte einer unserer Tischler sagen: „2311 ? – Benzin drauf und anzünden!“. Und das, nachdem wir bereits einige Wagen restauriert hatten!

In den 90er-Jahren kommen unsere ersten Sanierungserfolge. Ende 1992 mache ich den Tischlern den Vorschlag, 1993 mit der Aufarbeitung des 2311 zu beginnen. Doch die lehnen das als zu großes Unterfangen ab, sodass KO 6132 in Angriff genommen wird. 1993 erwerben wir mit dem HR 6154 (ex H1 2237) den ersten und vermutlich einzigen Wiener Laternendachtriebwagen unserer Sammlung, doch ist der in ähnlichem Zustand wie der 2311. Nun machen sich die Herren jedoch voller Elan an die Rekonstruktion des neuen Gefährtes, die über weite Strecken einem Kastenneubau gleichkommt. Im Juni 2001 kann der 2237 fertig restauriert in der ZW der Wiener Linien in Betrieb genommen werden. Mit dieser Großrekonstruktion ist der Bann sozusagen gebrochen und nach zwei erfolgreichen Beiwagensanierungen (1613 und 1622) erklären sich die Herren Ende August 2000 bereit, mit dem „großen Brocken“ 2311 zu beginnen. Unser Tischler Eduard Dvorak befindet sich zu dieser Zeit im 76. Lebensjahr. Drei Jahr lang wird er nun sein Lebenswerk krönen!

Schon bald nach Beginn der Arbeiten wird klar, dass diese Rekonstruktion noch wesentlich aufwendiger sein würde, als die des H1 2237.



Bild oben: Zu Beginn der Sanierung war das angefaulte Holz zu entfernen
Eine Kastenecksäule ist ebenso zu tauschen, wie die kompletten Vorbau- und Dachkränze und das gesamte äußere Waggondach. Im weiteren sind neu anzufertigen: Plattformfußböden, sämtliche inneren Schalungshölzer, alle großen Holzfenster, alle Sitze, das Innendach, sowie die gesamte Verblechung, etc..Eine neue Segeltuchdachhaut wird natürlich auch aufgebracht werden, und die hölzernen Dachaufbauten müssen sämtlich erneuert werden.  

Bild unten: Die Reparatur ist in vollem Gange



 

Bild oben: Montage der Dachaufbauten. (Fahrz15b)

Die gesamte Verglasung wird durch Sicherheitsglas ersetzt. Von den 12 Klapp- und 2 Blindtüren bleiben nur Gerippe über, die dann natürlich mit neuen Elementen komplettiert werden müssen.

Bild des Innenraumes während der Aufarbeitung.

Selbstverständlich muss auch alles Fehlende und Defekte (wie u.a. Schienenbrems- und Winkerschalter) am Fahrzeug ersetzt werden, was uns dank unseres gut sortierten Ersatzteillagers möglich ist. In weiten Bereichen muss 2311 natürlich auch neu verkabelt werden. Diese Arbeiten füllen die Jahre 2000 bis 2003 aus.

Am 8. November 2003 kann 2311 zur Fertigstellung in die Zentralwerkstätte der Wiener Linien überstellt werden.

 

Bild oben: Diese demontierten Teile kommen zur Aufarbeitung

Dort wird – wie das bisher bei allen unseren sanierten Wagen geschehen ist – der gesamte Untergestellbereich einer gründlichen Revision unterzogen werden. Arbeiten dieser Art sind in unserer Halle nicht durchführbar, deswegen sind wir der ZW für ihr Entgegenkommen sehr dankbar.



Bild vom 8. November 2003: Bereit zum Transport in die Zentralwerkstätte

Die Befundung ergibt, dass 2311 nicht nur punkto Wagenkasten ein Wrack war, sondern auch schwere Schäden im Untergestellbereich vorhanden sind. Bei einem der Motorzahnräder sind die Zacken auf Briefpapierdicke (!) zusammengeschliffen, Schäden gibt es an quasi allen Lagern, an den Schienenbremshobeln, und sogar die Ringe für die Kastentragfedern sind defekt und müssen getauscht werden. Es ist für das heutige „Leben“ des 2311 äußerst günstig, dass ich das vorher nicht gewusst habe.

  

Bilder: Der Innenraum: links bei Übernahme 1988, rechts nach der Restaurierung 2005. Foto: Horst Christian

 

 

November 2005:  Mit den VEF-Beiwagen im Dreiwagenzug

 

Am 8. November 2005 kann der Wagen in der Zentralwerkstätte der Wiener Linien fahrbereit präsentiert werden. Zu Gast ist bei dieser kleinen Feier der VEF, der mit dem Dreiwagenzug 2447-1627-1630 in die ZW kommt. Die eigenen k3 1613 und 1622 aus Mödling zu bringen, war für uns aus Kostengründen leider keine Option. Aber auch so ist es ein Supertag, an dem sich 2311 auch im Dreiwagenzug bewähren darf, und die Kameras rauchen, so viele Bilder werden geschossen.

Ich möchte diesen Bericht nicht beschließen, ohne den Herrn Adamek senior und junior, Herrn Springer, Herrn Koll sowie den zuständigen Mitarbeitern der ZW der Wiener Linien für ihre gute Arbeit herzlich gedankt zu haben! Unser großartige Tischler, Herr Eduard Dvorak, hat dieses Event leider nicht mehr erleben dürfen. Er ist einige Monate vorher völlig unerwartet gestorben! 

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